Sommerkursus bei Birthe

Auf die Frage was man in den Sommerferien machen könnte, dachte ich anfangs wir würden uns auf ein einziges Thema einigen und dann loslegen.

Die Konkurrenz unter Geschwistern setzt ungeahnte Dynamiken frei und so entschied ich mich auf die Wünsche jedes Einzelnen einzugehen. Voraussetzung dafür war eine super gute Planung: genügend Material für ganz neue Möglichkeiten und ganz neue Projekte. Gleichzeitig sollte das neue Material genügend Kombinationsmöglichkeiten mit meinem Fundus hergeben.

So entschied ich mich für eine Auswahl an

• Stoffmal-Farben und Stoffmal-Stiften,
• Malfarben auf Casein-Basis, neue handliche Pinsel und kleine Kinder-Paletten zum Mischen und Bemalen von lufttrockener Modelliermasse und zum Marmorieren.
• Außerdem ein wenig Peddigrohr zum Flechten, angedacht in Kombination mit Ästen aus dem Garten, bunter Wäscheleine und Holzperlen oder anderen Flecht-Ideen.
• Ton in verschiedenen Farben zum Töpfern, Matschen, Formen und später Brennen im Holzfeuer oder je nach Ergebnis möglicherweise in einer Töpferei.
• Modellierhölzer
• verschiedene lufttrockende Modelliermassen natürlicher Basis

• Flechten
• Malen, Zeichnen, Marmorieren, Drucken, Schablonen-Technik
• Modellieren, Töpfern, Formen
• Nähen, Sticken

alles kombinierbar mit Stoffen, Papier und Pappe, Materialien aus der Natur

In Kombination mit den Materialien aus meinem Fundus (Stoffe, Papier, Pappe etc.), einer Bierbank-Garnitur, großen Kisten auf Rollen zur Aufbewahrung von Material bzw. neuen Kunstwerken, alten T-Shirt als Schutz für die Kleidung etc. sind nicht nur unzählige Möglichkeiten gegeben, sondern ich bin entspannt.

Denn so kann ich auf unterschiedliche Launen, das Wetter, Ideen und Wünsche eingehen. Diese Vielfalt gibt mir Inspiration, macht neue Kombinationen möglich und hilft mir selbst in mir zu ruhen, so widersprüchlich das auch klingen mag.

Ich fühle mich berufen für das Heben kreativer Schätze, die in uns Allen tief verborgen sind.

"Ich will eine Weißkopfsee-Adler-Maske machen, die soll so wie eine Holzmaske sein, so rund. Da soll so ein Schnabel dran sein." Aha.

Dann recherchieren wir mal, wie so ein Adler aussieht. Den malst Du dann erstmal. Wir brauchen ihn von vorne und von der Seite. Und dann machen wir ein Muster aus Pappe. "Gut."

Weißkopfsee-Adler-Maske

"Ich will töpfern. Ich liebe Ton." Gut. Ich helfe Dir mit dem Töpfern. Hast Du schon mal getöpfert? Was willst Du denn Töpfern? "Eine Maus für Merte." Dann malen wir eine Maus. Damit wir ungefähr wissen, wie die aussieht.

"Eine Maus für Merte" - und weitere Töpferarbeiten

• nicht streiten
• auf mich hören
• aufräumen

Vor Beginn dieser Sommer-Bastel-Tage habe ich feste "Regeln" aufgestellt, die ich immer wieder kommuniziere und konsequent anspreche. Zwischendurch fühle ich mich wie ein Zirkus-Domteur.

Diese festen Regeln gelten hauptsächlich der Arbeitssicherheit. Denn als Köchin weiß ich wie schnell Unfälle passieren können, selbst ohne Streit. Ich stelle meine Regeln zu Beginn auf, so gibt es später keine Diskussionen.

Jeden Tag sitzen wir zu Beginn zusammen um Ideen und Wünsche zu besprechen, außerdem lassen wir die Ergebnisse vom Vortag Revue passieren. Das ist praktisch, denn dies ist die Zeit um Ideen und Vorschläge zu entwickeln, zu diskutieren, zu verwerfen etc.

Am dritten Tag entscheiden wir einen Näh-Tag einzulegen. Draußen im Garten kann mit Stoffmalfarbe gemalt und gestempelt werden. Am Tag zuvor wurde schon auf einem alten Hemd die Farbe getestet. So konnten die Ideen über Nacht reifen und überprüft werden.

Wir beziehen die Knöpfe selbst. Jeder überlegt wieviel er braucht, mit welchem Stoff er sie beziehen möchte und wo sie hinsollen. Die Kinder schneiden aus Stoff einen kleinen Kreis aus und ich verbinde die Metallteile.

Zwei Taschen aus gleichem Stoff bekommen eine ganz unterschiedliche Anmutung.

So bleibt die zweite Tasche vom jüngeren Bruder unbedruckt. Anstelle eines Knopfes als Verschluß ist ein Durchzug gewünscht und zwar inklusive Stopper.

Wir verwenden außen Baumwoll-Canvas und innen dunkelblauen Bündchen-Stoff. In diesem Fall nähe ich selbst, denn der Bündchen-Stoff ist diffizil. Das Ergebnis ist so schnell sichtbar.

Die Kinder treffen kleine Entscheidungen, zum Beispiel ob das Innenfutter sichtbar ist, wie hier bei der Tasche mit Durchzug. Oder wie lang die Bänder sein sollen etc. Ich frage permanent nach, um sie auf diese Art miteinzubeziehen.

Die selbstgemachten Taschen finden großen Anklang. Deshalb wird nachproduziert. Die Kinder wählen Stoff und Materialien aus, ich nähe. Ich verwende wieder Baumwoll-Canvas und für das Futter Baumwoll-Jersey.

Nebenbei wird an der Maske weitergearbeitet und modelliert, mit der Kindernähmaschine ein kleines Projekt begonnen und Fußball im Garten gespielt.

Enstehung und weitere Bilder zur Tasche: Tablet-Tasche

Es war viel Vorbereitung nötig. Auch könnte man meinen, daß ich zuviel Zeit oder Energie investiere. Aber ich sehe das folgendermaßen:

Für mich sind Kinder:

1. Kinder
2. dahingehend gleichberechtigte Partner, da ich weiß, daß sie eigene Design-Ideen haben und künstlerische Ausdruckskraft besitzen.

Ich glaube, daß das Umsetzen von eigenen kreativen Ideen und Wünschen das Selbstbewußtsein stärkt.

Was mir nach diesen Tagen auffällt: die beiden streiten sich kaum. Zwar will der Eine mal dort sitzen, wo gerade der Andere sitzt, aber das sind ja Kleinigkeiten. Und jeder Junge entwickelt tatsächlich eigene Ideen und entscheidet eigenständig. Ich bin ziemlich beeindruckt.

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